#SchreibnachtAdventskalender – Des Schäfers Weihnacht

Nachdem ich den Adventskalender schon eröffnen und euch mittendrin mit Katzen bewerfen durfte (da fliegt schon wieder eine), freue ich mich sehr, euch heute auch in die Feiertage verabschieden zu dürfen. Ich hoffe, der Adventskalender hat euch Freude bereitet.

Unterhalb der heutigen Geschichte liste ich noch einmal alle Links auf – denn ja, wir haben auch bemerkt, dass bei einer Verteilung über so viele Seiten im nächsten Jahr eine öffentliche Übersicht da sein muss, damit ihr nicht jeden Tag lange suchen müsst.

Und nun … Frohe Weihnachten.

Rafael fiel es schwer, nicht einzuschlafen. Auf den alten Stock gestützt, versuchte er, die schlafenden Schafe im Auge zu behalten, wie sein Vater es ihm beigebracht hatte. Normalerweise verbrachte er Weihnachten lieber bei seiner Mutter, denn sein Vater war noch Schäfer der alten Schule. Das ganze Jahr über draußen, das Gesicht entsprechend wettergegerbt. Hart im Nehmen. Rafael kam da mehr nach seiner Mutter, der Künstlerin. Er hatte fast immer … Befindlichkeiten, nannte sein Vater das.

Und nun sollte er diese hinter sich bringen. Seine Mutter war in New York, um ein Treffen mit einem möglichen Mäzen abzuhalten. Kinder störten da nur. Auch Kinder, die 17 Jahre alt waren, bei Kommunalwahlen wählen und trinken durften.

Also war er diese Weihnachten bei seinem Vater gelandet, der darin die Gelegenheit sah, aus seinem Sohn einen Mann zu machen. Er selbst lag jetzt in den Schlafsack eingemummelt nahe am Feuer und schnarchte vor sich hin, während er seinem Sohn die Nachtwache aufgetragen hatte. Aktuell sei die nötig, sagte er. Zwei Schafe seien zu früh trächtig geworden. Lämmer zu Weihnachten, das war nicht ganz normal. Die Schafe waren zwar asaisonal, konnten also das ganze Jahr über trächtig werden, doch normalerweise passte er auf, dass kein Deckakt in der Zeit stattfand, die eine Geburt im Winter wahrscheinlich machte.

Doch diesmal war es ihm nicht gelungen und deshalb bestand er auf einer Nachtwache. Die ausgerechnet Rafael nun machen sollte. An Heiligabend. 

Er hatte ja schon Glück. Weder Schnee noch Nachtfrost musste er ertragen. Vier Grad waren auch nicht kuschelig warm, aber es hätte bedeutend schlimmer kommen können. Aber eine ganze Nacht bei Kälte auf schlafende Schafe zu starren, war auch nicht viel weniger wirkungsvoll, als im warmen Bett Schäfchen zu zählen.

Langsam fielen ihm die Augen zu und seine Knochen wurden immer schwerer. Sein Atem wurde gleichmäßig.

Dann blendete ein Licht am Himmel ihn. Immer näher kam es. Ein Komet?

Etwa hundert Meter entfernt, am anderen Ende der großen Wiese, kam etwas vom Himmel herab. Das Geräusch des Aufpralls und das plötzliche Licht scheuchten ein paar bis eben noch schlafende Schafe auf.

Aber sein Vater schlief immer noch, vergewisserte Rafael sich. Sollte er den erfahrenen Schäfer aufwecken? Ein wenig mulmig war ihm bei der Sache ja schon. Doch das hier war die Nacht, in der er sich beweisen sollte. Nein, er würde seinen Vater nicht brauchen.

Mit vor Kälte steifen Gliedern machte Rafael sich auf den Weg, zu schauen, was da auf die Erde gestürzt war. Ob es den Schafen schaden konnte.

Der Weg über die Wiese, zwischen den Schafen entlang, kam ihm viel weiter vor als noch bei Tageslicht, doch er hielt tapfer auf das immer noch leuchtende Licht zu.

Dann erstarrte er. 

„Ah, Rafael, bitte verzeih“, sagte ein dicker, alter Mann im roten Hosenanzug, der von einem Schlitten sprang, der von zwei hellen Laternen beleuchtet wurde. „Eigentlich wollte ich dir nur dein Geschenk bringen, aber leider haben sich zwei meiner Rentiere erkältet. Und das Husten und Niesen hat uns ein wenig aus der Bahn geworfen.“

Der Mann ging auf seine Tiere zu, die gerade eher an ein Knäuel aus Beinen und Geweih erinnerten. „Ohje ohje, das ist gar nicht gut“, murmelte er zu sich selbst und tastete einige Beine ab. „Wie soll ich denn so meine Quote erfüllen? Oh nein, die armen Kinder.“ 

„Verzeihung, aber wer sind Sie?“, fragte Rafael. Nicht, dass er nicht schon einen sehr ausgeprägten Verdacht hatte. Aber das war doch Humbug. Der Kerl da konnte nicht real sein.

„Na, was glaubst du wohl? Der Weihnachtsmann bin ich. Sieht man das denn nicht? Aber was für ein Weihnachtsmann bin ich, der nach einer Bruchlandung nicht mehr weiter kommt? Du hast nicht zufällig ein paar Rentiere übrig, die ich mir für heute Nacht ausleihen kann?“ 

„Ich … habe nur Schafe“, antwortete der Junge zögerlich.

„Hm, Schafe.“ Der Mann blickte sich um. „Nicht ideal, aber vielleicht geht das. Darf ich mir einige von ihnen ausleihen?“

Verwirrt blinzelte Rafael, dann nickte er aber. Hoffentlich würde sein Vater nicht sauer werden. Aber selbst er konnte sehen, dass die Rentiere in keiner Verfassung waren, jetzt weiter zu fliegen. Was dachte er da eigentlich? Rentiere flogen doch n… 

Da sah er, wie der Mann schon die ersten Schafe eingespannt und mit glitzerndem Puder bestreut hatte. Und, wie sie unter ihren Hufen keinen Boden mehr hatten.

„Ja, das sieht gut aus“, meinte auch der Weihnachtsmann. Langsam hatte Rafael keine Zweifel mehr, dass das der Echte war. „Ich danke dir. Ich bring sie auch ganz sicher in ein paar Stunden zurück.“ 

Damit war er verschwunden und Rafael stand da, mit einigen ramponierten und erschöpften Rentieren und noch mehr nervösen, nun wachen Schafen.

„Rafael?“, eine Stimme ließ ihn zusammenzucken. Die Sonne war aufgegangen und sein Vater schüttelte ihn. War er doch tatsächlich auf den Stock gestützt eingeschlafen, na sowas! „Kannst du mir mal erklären, was das soll?“

Vor ihnen staksten zwei frisch geborene Lämmer über die Wiese. Verfolgt von einem humpelnden Rentier. Dann war das doch kein Traum gewesen? Aber hier war nur eines. Und die Schafe sahen vollzählig aus.

„Bitte entschuldige. Die Nacht war so langweilig.“ Rafael gähnte herzhaft und streckte sich.

„Na, ist ja noch mal alles gut gegangen“, brummte sein Vater, sichtlich nicht begeistert, aber auch nicht wirklich wütend. „Das nächste Mal kriegst du einfach eine Kanne Kaffee für die Nachtschicht.“ Dann murmelte er zu sich selbst: „Wenn ich nur wüsste, wo hier in Deutschland ein verdammtes Rentier herkommt.“

Rafael wusste es. Oder glaubte es zumindest. Und als er in seiner Jackentasche nach einem Taschentuch fischte, trafen seine Fingerspitzen auf eine kleine Schachtel. Er zog sie heraus, öffnete sie und fand darin ein Ersatzteil für den Motorroller, an dem er gerade bastelte. Den er zu restaurieren versuchte, für den ihm aber genau dieses Teil noch gefehlt hatte, weil es nicht mehr produziert wurde. Neugierig schaute Rafael zu seinem Vater hinüber. Nein, der würde ihm sowas sicher nicht schenken. Der hielt nichts von Motoren.

Also lächelte Rafael vor sich hin. „Danke, Weihnachtsmann“, flüsterte er leise in den kalten Morgen hinein. „Und dein letztes Rentier kriegen wir auch schon wieder gesund gepflegt.“


  1. BrittaRedweik mit „Winterwunsch“
  2. Junaka mit „Zeit der Besinnung“
  3. azul_celeste mit “Advent”
  4. Lea mit “Warten auf…”
  5. (leider unbesetzt)
  6. LMTL mit „Kleine, rote Winterstiefel
  7. writing_is_life mit „Eine Miauige Weihnacht – Aus dem Tagebuch einer Katze
  8. Talismea mit „Schnee“
  9. flügellos mit „Auf dem Weihnachtsmarkt
  10. BrittaRedweik mit „Die gegossene Katze
  11. Fuxich mit „Kerzen Schein
  12. LukeDaSilva mit „Workaholic
  13. Laura-Vordenburg mit „Ein Schneemann sucht den Frühling
  14. azul_celeste mit „Der andere Weihnachtsbaum
  15. Hikari-D-Tenshi mit „Das Christkind ist da
  16. TenjaTales mit “Weihnachtsgefühl
  17. Lea mit „Buch der Jahre
  18. otter_tamara mit „Die Wunschtanne
  19. flügellos mit „Was auf der Strecke bleibt
  20. Laura-Vordenburg mit „Die schönste Puppe
  21. flügellos mit „Schneeengel“
  22. Henneschen mit „Das Fest der Familie“ 
  23. Talismea mit „Licht, Liebe und Dankbarkeit


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