Meine Probleme mit Schreibratgebern

Da seid ihr erstaunt, was? Ich schreibe tatsächlich mal außerhalb der Monatsrückblicke was. Und das, obwohl weder Weihnachten noch Halloween ist.
(Spoiler: Zu Weihnachten gibt es eine Kurzgeschichte, zu Halloween wahrscheinlich nicht, zumindest ist mir noch keine eingefallen.)

Aber dieser Beitrag brennt mir schon länger unter den Nägeln, also wollte ich mich da mal ransetzen. Denn mir ist bei Schreibratgebern ein entscheidendes Problem aufgefallen.

Ich lese ja immer mal wieder Schreibratgeber. Oft sind sie auf Englisch, oft von Autor*innen, die sich selbst als Bestsellerautor*innen bezeichnen, aber diesen Titel, soweit man es nachvollziehen kann, nur durch Kostenlos-Aktionen auf Amazon erlangt haben. Oder solchen, die einen Ratgeber nach dem Anderen auf den Markt werfen und offenbar auch damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können, deren Ratgeber, wenn man mal zwei davon liest, aber oft genau das Gleiche beinhalten – und dann noch eine Menge Füllseiten haben, um bei Kindle Unlimited mehr Geld abgreifen zu können.

Und dann gibt es noch die, die nur Plattitüden niederschreiben, und am Ende Links zu kostenpflichtigen Kursen, weiteren teuren Büchern, … präsentieren, die man alle bräuchte, weil die tiefer ins Detail gehen.

Man kann also sagen, dass es so einige Probleme auf dem Schreibratgebermarkt gibt.  Aber zwischen den (VIELEN) schwarzen Schafen und gibt es auch einige Schreibratgeber, die wirklich bemüht sind, zu helfen. Und sicherlich helfen sie anderen Leuten auch. Nur bei mir gibt’s da eine Hürde.

Du musst das Schreiben mögen

Die meisten Ratgeber, die ich gelesen habe, sowohl die schwarzen Schafe, als auch die wirklich Guten, setzen voraus, dass man gern schreibt. Dass das etwas ist, was einen im Prinzip begeistert. Ja, sie räumen ein, dass das oft auch Arbeit ist. Aber sie setzen es trotzdem auf eine Ebene mit Fernsehen, Lesen und all den anderen Dingen, die man zur Entspannung tut.

Wenn Leute das so empfinden, freut mich das für sie.

Aber ich schreibe leider nicht gern.

Ich würde sogar fast soweit gehen, zu sagen, dass ich das Schreiben hasse.

Warum schreibe ich dann?

Aber leider kann ich nicht anders. Schreiben ist für mich wie Atmen oder Blinzeln. Und ja, bei mir hinkt der Vergleich wirklich nicht. Während Atmen und Blinzeln wohl offenbar für die meisten Menschen normal und automatisch stattfindet, muss ich mich an beides oft erinnern, zumindest im wachen Zustand. Und wenn ich das nicht tu, fängt es irgendwann an, weh zu tun.

So ist es auch mit dem Schreiben bei mir. Wenn ich zu lange nicht schreibe, tut es weh. Ich werde unleidlich, bin weder für mich noch für andere zu ertragen und meine Depression verschlimmert sich. Schreiben ist für mich Gesundheitsfürsorge. So, wie Medikamente nehmen, oder Sport machen, in einer Sportart, die man eigentlich nicht mag, aber die einem in der Arztpraxis aufgebrummt wurde.

Und hinzu kommt: Wenn ich nicht für mich schreibe, tut es niemand. (Mit Ausnahme von skalabyrinth, danke dir für ‚Wenn es nicht passiert‘.) Und da ich gerne lese, muss jemand Bücher für mich schreiben. Das ist also ein weiterer Zwang. Da sind all die tollen Geschichten, die keiner schreibt, die ich aber unbedingt lesen will. Und das Lesen hinterher macht mir ja auch Freude. Nur das Schreiben eben nicht.

Aber genau da setzen viele Ratgeber an

Ratgeber arbeiten aber mit einer anderen Vorannahme. Sie erinnern einen daran, dass man das Schreiben doch liebe, und sich darauf zurückbesinnen solle. Dass das Schreiben ebenso ein Hobby wie Fernsehen, Lesen, … sei und es deshalb damit austauschbar sei, man die sonstige Freizeit dafür ruhig aufgeben kann und dabei keinerlei negativen Konsequenzen habe.

(Was schon insofern Unsinn ist, als dass auch die Kreativität etwas ist, was man hin und wieder mit Medienkonsum auffüllen muss. Das sagen sogar Autor*innen, denen das Schreiben nach eigenen Angaben durchaus Spaß macht.)

Ratgeber nehmen es als Fakt, dass man nicht nur schreiben WILL – das trifft auf mich zu -, sondern, dass man dabei nicht nur in einen Fluss gerät – das trifft schon nicht mehr auf mich zu, hat noch nie geklappt -, sondern, dass man daran Spaß hat. Und nicht nur das: Dass man auch noch Energie daraus gewinnt und sich dabei regeneriert, um wieder Kraft für den Alltag zu haben.

Das Beste, was ich hinkriege, ist, erleichtert zu sein, überhaupt was geschafft zu haben, und hinterher völlig fertig zu sein und oft nicht mal die kognitive Kraft für mehr als Trash-TV zu haben.

Einzelproblem?

Ich weiß nicht, ob ich alleine damit bin. Ob das ein neurodivers vs. neurotypisch-Ding ist. Ein depressiv vs. nicht-depressiv-Ding? Oder liegt es an meiner partiellen Aphantasia (also daran, dass ich Dinge weder beim Lesen noch beim Schreiben vor mir sehe oder mit anderen Sinnen erlebe)? Ist dieses ‚Erleben‘ das, was anderen Autor*innen diese Freude bereitet, weil sie eintauchen können? Liegt es an einem Zusammenspiel von all dem oder doch an etwas ganz anderem? Ich weiß es nicht. Und ich werfe das auch den Schreibratgebern nicht vor. Ich finde es nur schade. Aber ich wüsste auch nicht, wie man das beheben können sollte. Ich wünschte nur, es gäbe eine Möglichkeit, auch Leuten wie mir Motivation per Ratgeber einzutrichtern.

 

 

Nachwort:

Okay, ich habe auch ein weiteres Problem mit Schreibratgebern. Viele nehmen nicht nur das Wissen um, sondern auch das Begreifen und Erleben-Können von Fachbegriffen als gegeben hin. Aber auch das funktioniert bei mir nicht. Ich könnte bei keiner meiner Geschichten sagen, was jetzt Prämisse, was Inciting Moment, … Die Theorie dahinter klingt für mich jetzt nicht unlogisch oder unverständlich, aber so arbeitet mein Hirn nicht und so sehr ich mich bemühe, ich kann es auch nicht dazu bringen. Ich habe versucht, Filme daraufhin zu analysieren und hab mir die Analysen Anderer dazu angesehen. Ich hab versucht, meine eigenen Geschichten daraufhin zu zerlegen. Aber es geht nicht. Diese Dinge kommen in meiner kognitiven Landschaft so einfach nicht vor. Und selbst so leichte Dinge wie Spannungsbögen … Die verstehe ich schon. Ich erlebe Spannung nur völlig anders. Die alles entscheidende Schlacht ist für mich schnarchlangweilig, während die eine Szene ganz am Anfang, wo die Charaktere mit einander reden und vielleicht einander stänkern, für mich unglaublich spannend ist, weil man da so viele wichtige Informationen rausziehen kann.  Aber das ist wieder ein anderes Thema, worüber man wohl auch ganze Bücher schreiben könnte. Und zumindest in der Hinsicht bin ich nicht alleine, das Problem habe ich zum Glück auch schon von Anderen mitbekommen. (Liebe Grüße an diese Personen.)

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