#CreativeSummer 2 – Atlantis

Guten Morgen,

da die Aufgaben vom 4. und 5. August eher normal zu beantworten waren – also ohne fiktive Szenen – mache ich hier heute mit dem Prompt des 6. August weiter.

Dazu aber erst eine Warnung – eventuell ist die nächste Szene ein klein wenig deprimierend und vielleicht auch sehr verbittert. Aber mal ehrlich, würde einer von euch aktuell eine andere Zukunft sehen, bei der hier vorgeschlagenen Änderung?

 

Wenn Menschen unter Wasser atmen könnten, was würde sich ändern? 

 

Lilith blickte auf ihr Zuhause. Atlantis. Aber man konnte die sagenhafte Stadt nicht mehr als solche erkennen. Sie hatte Bilder gesehen, wie die antike Metropole ausgesehen hatte, als die Menschen sie wiederentdeckt hatten. Mehr als zweitausend Jahre hatte man sie in Ruhe gelassen und der Natur erlaubt, das ihr einst entrissene Gebiet zurück zu erobern. Korallen und Fische, wo man nur hinsah. 

Doch heute? Seit gerademal zweihundert Jahren lebte die Menschheit jetzt hier und der Meeresboden rund um Atlantis herum sah aus wie verbrannt. Dabei hatte es keine Kriege mehr gegeben. Seit die Wissenschaftler den Menschen Kiemen hatten anzüchten können, waren so viele alte Konflikte unwichtig geworden. Warum sich um den immer geringeren Vorrat an trinkbarem Süßwasser kümmern, wenn man einfach ins Meer gehen konnte, wo der eigene Körper schön das Salz aus dem Wasser filterte und einen dennoch hydriert hielt? Es reichte ja sogar, sich einen Eimer Meerwasser zu holen und den Kopf da hinein zu stecken, wenn man gerade keine Zeit hatte, zu schwimmen. 

Aber da nun eine der wichtigsten Ressourcen wieder im Überfluss vorhanden war, hatte die Menschheit all ihre Bedenken vergessen. Sie hatte sich fortgepflanzt, als gäbe es kein Morgen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und das bedeutete, dass neuer Wohnraum von Nöten war. Doch wohin mit den vielen neuen Menschen? 

Leider war die Bevölkerungsexplosion von den Industriestaaten ausgegangen. Von Menschen, die von jeher glaubten, es wäre ihr Recht, einen höheren Lebensstandard als alle anderen zu haben. Menschen, die ihre Privilegien weder hinterfragten, noch abgeben wollten, und die nun, wo ihr Land überlaufen war, keine Skrupel hatten, sich das Land erst anderer Menschen und dann anderer Wesen unter den Nagel zu reißen. 

Sie hatten sich auf dem Meeresboden ausgebreitet. 

Soweit, so gut. Wären nicht die Architekten, die Änderungen am Lebensstil vorschlugen, mit Schimpf und Schande davongejagt worden. Sie hatten Wohnkomplexe vorgeschlagen, die aus einem Stil mit vielen Wohnraumblasen bestanden. Komplexe, die von außen von Meerespflanzen bewachsen waren und so statt ihn zu zerstören, den Lebensraum für Meereslebewesen dank mehr Oberflächen sogar noch vergrößert hätten. Doch wo eine blühende Korallenwelt hatte entstehen sollen, standen nun Klötze, die nicht anders aussahen, als die auf der Erdoberfläche. Beschichtet mit Farben nach Lotusprinzip, damit bloß nichts hängen blieb, nichts anwachsen konnte. Und selbst die Ruinen von Atlantis waren abgetragen und die Steinblöcke neu genutzt worden. 

Lilith schaute sich um, doch sie wusste schon vorher, was sie sehen würde. Im Umkreis von 50 Kilometern um Atlantis herum lebte nichts mehr, was nicht Mensch war. Keine Pflanze hatte Platz in den steinernen Vorgärten. Und Nahrung wurde importiert aus großen Algengewächshäusern weit entfernt, wo das Wasser noch nicht vom Müll der Menschen durchzogen war. 

Und noch immer wuchs die Bevölkerung, musste man doch nun, wo man auch unter Wasser leben konnte, nicht einmal den Klimawandel fürchten. Naja, die Reichen nicht. Deutsche, Amerikaner, Franzosen, sie interessierten sich nicht für das Leid der Afrikaner und Südamerikaner, und all der Anderen, denen man keine Kiemen ins Erbgut gegeben hatte. Die auf dem immer weniger werdenden, bewohnbaren Land ums Überleben und den wenigen Wohnraum kämpften, die von einer Flutkatastrophe und einem Erdbeben nach dem anderen heimgesucht wurden. 

Ihr Lehrer hatte einmal gesagt, die Menschheit hätte sich verloren. Schon dafür war er suspendiert worden. Zu links, hatte es geheißen. Lehrer müssen neutral sein. 

Aber Lilith glaubte, er hatte Unrecht. Um sich zu verlieren, hätte man sich erst einmal finden müssen. Und das hatte die Menschheit nie. Sonst hätte sie es nie so weit kommen lassen. Sie schämte sich, Mensch zu sein. Aber vielleicht, nur ganz vielleicht, konnte sich etwas ändern? Sie musste es versuchen. Denn sie konnte nicht so tun, als hätte sie nicht gesehen, mit welcher Selbstherrlichkeit privilegierte Menschen alles zerstörten. Und sie konnte kein Teil davon bleiben. 

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