Willkommen zu Runde X der Märchenrallye des Märchensommers von
PoiSonPaiNter!
Wie läuft das Ganze ab?
Dies ist der Startbeitrag. Von hier aus kommst du durch die Beantwortung
der Märchenfragen zur nächsten Station. Auf diesem Weg musst du dir die
Buchstaben für das Lösungswort dieser Runde merken. Die Runde hat 6
Stationen, von der letzten Station aus wirst du auf einen Beitrag
geleitet in dem du das Lösungswort in ein Formular eintragen und dir
dadurch die Punkte, für den gesamten Märchensommer anrechnen lassen kannst.
Pro Runde gibt es ein anderes Lösungswort, sowie Punkte für den
Märchensommer, wer alle vier Runden gelöst hat, kann nochmal einen
ganzen Schwung zusätzlicher Punkte mitnehmen.
Traut euch also in den Märchenwald und verlauft euch nicht!
Und nun viel Spaß mit der wahren Geschichte des Gnoms R.
Es war einmal ein kleiner Gnom. Bei den Menschen galt er als hässlich und es war eine grausame Zeit, in der er lebte. Hatte er als Kind, das unter Waisen aufwuchs, noch normal ausgesehen, so wurde bald klar, dass er anders war. Seine Haut wurde dick und schuppig und wechselte, noch bevor er das Mannesalter erreichte, sogar ihre Farbe hin zu einem schlammigen Grün. Er bemühte sich, weiter dazugehören zu dürfen. Doch alle lachten ihn nur aus, bewarfen ihn mit faulem Obst und jagten ihn davon, wo immer sie ihn sahen.
Er wandte sich an den Müller und bat darum, bei ihm lernen zu dürfen. Irgendwie musste er schließlich seinen Unterhalt verdienen. Der Gnom scheute sich nicht vor harter Arbeit und auch, wenn die Menschen ihn verachteten, wollte er doch der Gemeinschaft Gutes tun. Dafür zu sorgen, dass sie feinstes Mehl für ihr Brot hatten, dass kein falsches Korn in die Mühle fiel und sie vergiftete, klang für ihn nach einem schönen Sinn im Leben.
Doch der Müller lachte ihn nur aus. „Denkst du, ich will meine Kunden mit deinem Antlitz vergraulen, Monster? Und deine dreckig grünen Hände an mein Korn lassen, auf dass du es verseuchst?“ Dann jagte er die Hunde auf den Gnom, der sofort Reißaus nahm.
So erging es ihm, wo immer er hin ging. Die Seeleute warfen ihn über Bord und er kam nur knapp mit dem Leben davon.
Der Jäger zielte auf ihn und der Pfeil, der ihn streifte, hinterließ eine Narbe im Gesicht, die ihn noch weiter entstellte.
Zuletzt ging der Gnom zum König. „Mein Herr, ich bin euer Untertan. Ich möchte der Gemeinschaft dienen und Gutes tun. Doch wo immer ich hingehe, jagt man mich davon. Jeder sieht nur mein Gesicht und bewertet mich nur danach, dabei möchte ich hart arbeiten und bin mir für nichts zu schade.“
Der König aber schaute nur an ihm vorbei. „Weiche er aus meinem Blickfeld, sein Anblick riskiert das Wohl des königlichen Magens.“
Als der Gnom nicht sofort gehorchte, packten die Wachen ihn bei den Armen und warfen ihn aus dem Schlosshof.
Der arme Gnom wusste nicht weiter. Lange lebte er nur von dem, was er im Wald fand, oder was von den Wagen fiel, die zum Schloss fuhren. Aber so konnte sein Leben doch nicht weiter gehen.
Traurig ging er zum Meer und schaute auf die Wellen. Er wünschte sich fort, in ein Land, wo niemand ihn nur nach seiner grünen, zerfurchten Haut bewertete. Er wollte nur noch aufgeben.
„Könntet Ihr mir bitte helfen?“, drang es plötzlich an sein Ohr. „Ich muss langsam an die Arbeit. Aber der Weg hierher war auf dem Hinweg so glatt, dass ich nicht weiß, ob ich es zurück schaffe.“
Der Gnom sah sich um, bis er eine alte Frau erblickte. Ihre Augen waren getrübt, offenbar konnte sie nicht sehen, dass sie mit einem Gnom sprach.
„Aber natürlich“, willigte er ein, froh, endlich mal jemandem helfen zu dürfen und akzeptiert zu werden, wenn auch vielleicht nur für einen Moment. Über die von der Flut noch nassen Steine führte er sie zu ihrem Haus und sie gerieten ins Gespräch. Bald klagte er ihr sein Leid und die alte Frau zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, wie dein Gesicht aussieht, mein Junge, aber das zählt für mich auch nicht. Deine Seele ist wunderschön.“
Und so nahm sie sich seiner an. Sie erklärte ihm, wie man Wolle zu Garn sponn und endlich hatte der Gnom etwas, was er machen durfte, worin er sogar gut war. Doch die anderen Leute jagten ihn noch immer fort und er konnte seine Arbeit nur über die alte Frau verkaufen. Trotzdem hatte er endlich einen Sinn gefunden und konnte sich und seine neue Freundin gut ernähren.
Nach der Arbeit saß er gern noch am Spinnrad und probierte aus, was man sonst noch alles so verarbeiten konnte. Nicht nur Schafwolle, sondern auch manche Pflanzen konnte er nutzen.
Mit dem neuen Glück und genügend Nahrung kam neue Stärke in seinen Körper. Als er eines Tages gerade ausprobierte, ob man auch Weizenstroh spinnen konnte, durchfuhr ihn etwas. Einen Moment lang fühlte er sich desorientiert, dann blickte er auf den Faden in seinen Händen. Der war aus purem Gold.
„Magie“, flüsterte der Gnom. „Ich beherrsche Magie.“
Über Jahre offenbarte er das Geheimnis nur der alten Frau, mit der er seinen Reichtum teilte. Doch schließlich starb sie, denn kein Gold der Welt, nicht einmal Magie, kann das Alter heilen.
Und wieder war der Gnom alleine. Aber jetzt hatte er ein Mittel, um den anderen Bürgern zu helfen. Und er hatte erleben dürfen, wie schön es sein konnte, wenn man für einander da war.
Sie mochten ihn noch so sehr hassen – oder vielleicht sogar fürchten? Er würde sie nicht aufgeben. So machte er sich auf ins Dorf, um den Leuten zu zeigen, dass er ihnen nur helfen wollte.
Als er an der Mühle vorbeikam, hörte er ein leises Schluchzen und linste vorsichtig durch ein Fenster hinein. Da saß eine junge Frau weinend an einem Spinnrad und sah ziemlich übel zugerichtet aus.
„Warum weinst du denn?“, fragte der Gnom, hielt sich aber versteckt. Als er hörte, wie sie aufstand, griff er auch schnell ein: „Nein, bleib bitte sitzen. Mein Gesicht würde dir nur Angst machen und dir geht es schon jetzt nicht gut.“
Die Frau schien seiner Bitte zu folgen. „Mein Vater schlägt mich”, erzählte sie ihm. “Unsere Mühle bringt kaum noch genug ein, um uns zu ernähren. Also soll ich ihm mit meinem Garn helfen. Doch ein Anderer im Dorf ist einfach besser als ich. Und daran gibt Vater mir die Schuld.“
Der Gnom fühlte sich schuldig, dass er so gutes Garn sponn. So grausam der Müller ihn auch einst vertrieben hatte, wollte er doch nicht, dass dessen Familie litt.
„Gräme dich nicht“, sagte der Gnom. “Ich werde dir helfen. Wenn ich fort bin, findest du auf dem Fensterbrett etwas, das deine Sorgen vertreibt.” Er wusste, dass er damit nicht wiedergutmachen konnte, was der Vater dem Mädchen angetan hatte. Aber er konnte verhindern, dass es noch einmal geschah. Also nahm er seine Spindel mit dem langen Faden gesponnenen Goldes heraus und schnitt ein Stück ab. Das legte er aufs Fensterbrett und ging dann betont lauten Schrittes von dannen.
In Wirklichkeit aber lief er in den nahen Wald, um mit eigenen Augen ansehen zu können, wie es der Müllerstochter weiter ergehen würde, ob sein Werk Gutes erreichen würde.
Er brauchte nicht lange zu warten, da schaute die junge Frau auf und sah den Faden. Einen Moment blinzelte sie nur verwirrt, doch nachdem sie ihn genauer betrachtet und sogar auf das dünne Goldgarn gebissen hatte, erhellte sich ihr Gesicht.
Kurz darauf kam auch ihr Vater den Weg vom Dorf herab. In der Hand hielt er einen kleinen Beutel Münzen, der ihn jedoch mürrisch zu stimmen schien. Als er durchs Fenster sah, dass seine Tochter nicht am Spinnrad saß, wurde er böse. “Was fällt dir ein, meine Anweisungen zu missachten? Ich will dich lehren-”
Doch seine Tochter unterbrach ihn: “Vater, schau, was ich dir gemacht habe. Aus …” Sie schaute sich um, vielleicht, um zu sehen, was ähnlich aussah, um den Faden zu erklären. “Aus Stroh. Bist du nun ein wenig stolz auf mich?”
Der Gnom in seinem Versteck hielt den Atem an. Wie undankbar, sein Werk als das Ihre auszugeben.
Auf dem Gesicht des Müllers breitete sich ein Grinsen aus, dass der Gnom nicht anders beschreiben konnte als böse. Er packte seine Tochter beim Arm und riss sie mit sich aus dem Gebäude, in Richtung der Stadt.
In ausreichender Entfernung und geschützt durch das Unterholz am Wegesrand folgte der Gnom ihnen. Er wollte sehen, was er angerichtet hatte. Ob er weiter Mitleid mit dem Mädchen haben sollte, eingreifen konnte. Vielleicht war er auch einfach ein wenig neugierig, was nun geschah.
Der Müller zerrte seine Tochter den ganzen langen Weg bis zum Schloss, wo der König gerade mit einer Jagdgesellschaft in die Wälder aufbrechen wollte. Der Müller warf sich vor das Pferd des Königs und wäre von diesem beinahe zertrampelt worden.
“Bist du von Sinnen?”, fuhr der König den Müller an.
“Verzeiht, Hoheit, aber ich muss Euch sprechen.”
“Kommst du, um deine Steuern zu bezahlen? Wenn nicht, tritt mir aus den Augen.”
Der Müller senkte den Kopf. “Ja und nein, mein König. Ich komme, um Euch meine Tochter zur Frau zu geben.”
Der König lachte auf. “Und so denkst du, deine Schulden zu bezahlen? Mit einem ausgehungerten Gör, wo ich doch die Wahl zwischen Prinzessinnen habe?”
“Prinzessinnen mehren Euren Reichtum nur mit der Mitgift, Hoheit. Meine Tochter aber vermag Euch stetig neues Gold zu erschaffen. Und sie braucht dazu nichts als Stroh und ein Spinnrad.”
“Und das soll ich glauben? Deswegen kannst du sie nicht einmal ernähren, weil ihr ja auch so reich seid?”
Der Müller schluckte und hielt dann den Goldfaden hoch. “Sie hat das Talent erst kürzlich entwickelt. Und als guter Untertan ist es meine Pflicht, zuerst an meinen König zu denken, Hoheit.”
Erstaunt betrachtete der König den Goldfaden und nickte dann. “Nun gut. Deine Schulden sind hiermit erlassen. Und wenn deine Tochter mir beweisen kann, dass sie dies Kunststück zu wiederholen vermag, so soll sie meine Frau werden und auch dir wird es an nichts mangeln. Vermag sie es aber nicht, so wird sie für deine Lüge bezahlen.”
Er wandte sich an die Wachen und befahl, das Mädchen einzusperren und ihr alles zu bringen, was sie für das Wunder benötigen würde.
Die junge Frau aber schien nur verschüchtert und verängstigt, machte sich aber noch immer nicht daran, die Lüge ihres Vaters aufzudecken, in der Hoffnung, dass der König Gnade walten und nur ihren Vater bestrafen würde.
Der Gnom war ihnen unbemerkt in den Schlosshof gefolgt und hatte alles mit angesehen. Selbst wusste er nicht, ob seine Magie oder seine tief ins Gesicht gezogene Kutte dafür sorgen würden, dass er nicht auffiel. Jetzt war er hin und her gerissen, was er tun sollte und dachte noch nach, als das Tor für die Nacht heruntergelassen wurde.
Schließlich suchte er doch den Turm auf, in dem die Müllerstochter eingesperrt war und hörte sie dahinter schluchzen. Noch während er überlegte, wie er zu ihr kommen konnte, fand er sich in einem Raum mit ihr wieder. Mit einem Lächeln nahm er zur Kenntnis, dass seine Magie stärker wurde, dann aber wandte er sich zu ihr um und sein Lächeln verschwand.
“Du hast gelogen.”
Sie schien die Stimme zu erkennen. “Mein Helfer”, stieß sie aus und drehte sich auf ihrem Schemel zu ihm um. Als sie von unten unter die Kutte blickte, schreckte sie aber zurück. “Du bist ein Monster!”
Der Gnom tadelte sich und Zorn kochte in ihm auf. Wie hatte er nur glauben können, dass die Menschen es wert waren, dass man ihnen half? Im Herzen schienen sie ja doch weiter grausam zu bleiben. “So dankst du mir also?”
“Danken? Du hast mich doch erst in diesen Schlamassel gebracht. Hättest du nicht versprochen, mir zu helfen, dann wäre ich nicht hier.”
Wütend fuhr der Gnom sie an. “Und deine Lüge, dein Betrug und deine Undankbarkeit spielen dabei keine Rolle? Wie konnte ich nur so dumm sein, Mitleid mit dir zu haben? Ich sollte dich deinem Schicksal überlassen.”
Da begann es im Mädchen zu arbeiten. Wieso war der Gnom wohl hier? “Verzeih, ich hätte dich nicht beleidigen sollen”, sagte sie mit schlecht aufgesetzter Reue. “Ich habe nur solche Angst. Wenn ich all dies Stroh nicht bis zum Morgen in Gold verwandle, dann muss ich sterben. Kannst du mir noch einmal helfen?”
Der Gnom wollte ablehnen. Sie hatte ihn beschimpft und beleidigt. Seine Güte ausgenutzt. Und sicher hatte sie ihn nicht plötzlich zu schätzen gelernt, sondern versuchte nur, sich selbst zu retten. Aber er wollte auch nicht Schuld am Tod einer jungen Frau sein. Vielleicht konnte sie noch lernen. Vielleicht gab es für die Herzen der Menschen noch Hoffnung.
Gerade, als er zustimmen wollte, drückte sie ihm ein Halsband in die Hand, das sie bis eben noch getragen hatte. “Das gab der König mir, als seiner zukünftigen Frau. Es soll dein sein, wenn du mir hilfst.”
Was sollte er, der Gold erschaffen konnte, denn mit Schmuck? Den konnte er sich selbst mit seinem eigenen Gold schmieden, wenn ihm wirklich danach verlangte. Er hätte es umsonst gemacht, um der jungen Frau zu zeigen, dass Andere im Gegensatz zu ihr gütig sein konnten. Doch nun? Er steckte den Schmuck in die Tasche, in der Absicht, ihn ihr bei Gelegenheit zurückzugeben. Dann machte er sich ans Werk.
Am Morgen glaubte er die junge Frau gerettet zu haben, doch der gierige König ordnete eine weitere Nacht an.
Dieses Mal bot sie ihm sofort einen Ring an, den der König ihr am Tage geschenkt hatte, noch bevor sie überhaupt um Hilfe gebeten hatte. Erneut willigte der Gnom ein, wieder mit dem Plan, ihr beide Schmuckstücke wiederzugeben, wenn sie bereit für die Lektion war.
Erneut nahm der König nur gierig das Gold entgegen und sperrte seine Verlobte eine weitere Nacht lang in einen Raum voll Stroh.
Als der Gnom diesmal zu ihr kam, weinte sie bitterlich. “Ich habe nichts mehr, was ich dir geben kann. Aber … ich verspreche dir alles, was du willst. Sogar mein erstgeborenes Kind.”
Der Gnom erschrak. Wie konnte jemand willens sein, für sein eigenes Leben das eines anderen Menschen zu opfern? Er überlegte. Hoffentlich würde es einfach niemals dazu kommen, dass dieses Paar ein Kind bekam. Falls aber doch, dann waren der raffgierige, gewalttätige König und seine künftige Frau ohnehin nicht die Eltern, die ein Kind haben sollte.
Der Gnom beschloss, zuzustimmen. Er schämte sich vor sich selbst. Aber vielleicht konnte er den Handel dennoch nutzen? Vielleicht würde erst der Verlust des Kindes beiden Eltern zeigen, dass es Wichtigeres gab als Gold. Zähneknirschend willigte er ein.
Mit der dritten Nacht hatte er so viel Gold gesponnen, dass der König über Jahrzehnte in Luxus leben und dennoch Herr über das reichste aller Lande bleiben konnte. Nun endlich ließ der König seine junge Braut frei.
Der Gnom verschwand still. Anstatt seinen Plan weiterzuverfolgen, den Menschen Gutes zu tun, wollte erst einmal alles tun, um selbst ein Kind versorgen zu können, falls es wirklich dazu kommen sollte.
Er gab wenig auf die Neuigkeiten aus dem Schloss, bis die Geburt des Kindes vermeldet wurde. Widerwillig machte er sich wieder auf den Weg, hoffend, dass er seinen Preis nicht wirklich einfordern musste. Noch immer hoffte er, dass die Königin sich und damit auch ihren Mann geändert hatte.
Als er gerade in den Schlosshof kam, sah er, wie der König einer alten Frau das Leben schwer machte, die Reisig im Wald gesammelt hatte und diesen gegen Geld für die königlichen Feuer anbot. Daneben stand die Königin und lachte über die bösartigen Scherze ihres Mannes.
Nein, dachte sich der Gnom, ein Kind sollte zumindest eine Zeit lang Güte erfahren. Wie sonst soll es selbst ein guter Mensch und weiser König werden?
Er schritt auf die Königin zu, ignorierte ihren Mann völlig.
“Ihr habt mir einst einen Preis für meine Hilfe versprochen. Nun komme ich, ihn einzufordern.”
Die Königin verzog das Gesicht und sprach ein Wort zu ihrem Mann. Der wies seine Wachen an, den Gnom zu packen.
Nur einem Moment später lagen die Wachen betäubt am Boden. Der Gnom hatte seine Magie wirken lassen und blickte nun wieder auffordernd zum Königspaar.
Die Königin erblasste und sank vor ihm auf die Knie. “Bitte nimm mir mein Kind nicht. Ich gebe dir alle Schätze dieses Reiches. Du kannst alles haben, nur das nicht.”
“Schätze?” Der Gnom lachte auf. Dann holte er Halsband und Ring aus seiner Tasche und warf beides der Königin zu Füßen. “Ich brauche kein Gold und keinen Schmuck. Beides kann ich mir selbst beschaffen. Ihr verspracht mir Euer Kind, Hoheit, nun gebt es mir auch.”
Sie begann, bitterlich zu weinen. “Bitte, nur das nicht. Gibt es nicht irgendetwas Anderes, was du wünschst? Irgendetwas, was ich für dich tun kann?”
Der Gnom wurde zornig. “Ich war schon immer ein Untertan dieses Reiches. Ich wollte den Menschen immer helfen, ich wollte zu ihnen gehören. Sie stießen mich fort, selbst, wenn ich gütig zu ihnen war. Ihr wollt wissen, was ich will, Hoheit? Ich will, dass ich nicht nur ein Monster für die Menschen bin.” Dann aber überlegte er. Vielleicht waren die Tränen der Königin echt und sie begriff, was sie verlieren konnte. Vielleicht reichten seine Worte ja, um ihr Herz endlich zu erweichen. “Beweist mir, dass Euer Volk Euch etwas bedeutet. Nutzt Euren Reichtum, um die Armut um Euch zu lindern. Hört auf, Leute zu verspotten, die schwächer sind als Ihr. Und … beweist mir, dass ich für Euch ein würdiger Bürger bin. Nennt mich nicht Monster oder Gnom. Nennt mich bei meinem Namen. Ihr habt drei Tage Zeit, mich zu überzeugen.”
Damit verschwand er.
Zwei Tage lang kam er jeweils kurz zum Schloss, damit die Königin die Möglichkeit hatte, ihn von Angesicht zu Angesicht zu überzeugen. Doch sie verbrachte die Zeit nur damit, wahllos Namen zu raten.
Vielleicht war sie nur zu verängstigt? Der Gnom wollte an das Gute glauben. Er verbrachte die restliche Zeit versteckt und beobachtete, wie die Königin und schließlich auch ihr Mann immer verzweifelter wurden. Sie bemühten sich sichtlich, die Forderungen zu erfüllen. Sie schickten Boten in alle Dörfer ihres Landes. Allerdings kam es ihnen nicht in den Sinn, ihren Stolz aufzugeben. Selbst unters einfache Volk mischen und Nachforschungen anstellen? Das fiel ihnen nicht ein. Sie bemühten sich um einen guten Umgang mit ihrem Volk und erließen einen Teil der Steuern. Und der Gnom sah versteckt dabei zu, wie sie ihr Kind auf einmal mit Liebe überschütteten. Doch ihr Gold teilten sie nicht mit ihren Untertanen. Vielleicht, um ihre Stellung nicht zu gefährden? Damit die Leute nicht aufhörten zu arbeiten, und nur Almosen bettelten? Der Gnom wusste nicht ganz, was er davon halten sollte, und doch konnte er nicht umhin, zuzugeben, dass sie sich bemühten.
So hüllte er sich schließlich in weite Kleidung und zog die Kapuze tief ins Gesicht. Er trat an einen der Boten heran, die das Königspaar auf der Suche nach seinem Namen ausgeschickt hatte.
„Rumpelstilzchen“, flüsterte er. „Das ist, was die Königin sucht. Sie möge den Namen weise nutzen und nie vergessen, wie es dazu kam, dass sie ihn brauchte.“
Am Abend ging er wieder ins Schloss. „Nun denn, ich sehe, dass Ihr manche meiner Anforderungen erfüllt habt. Aber auch alle?“
Zu seinem Erstaunen trat die Königin ihm diesmal mit mehr Respekt entgegen. „Werter Herr, wir haben uns redlich bemüht. Und wir wissen nun, dass Ihr weder Hinz noch Kunz seid. Sagt, seid Ihr vielleicht ein Rumpelstilzchen?“
Mit einem Lächeln neigte er den Kopf. „Der bin ich und das Kind gehört Euch.” Doch ganz so einfach wollte er es ihnen nicht machen. “Aber behaltet im Kopf, was ich Euch sagte. Ich hätte Euch das Wichtigste wegnehmen können, was Ihr besitzt. Erst hätte ich Euch Eurem Vater überlassen können, dann dem König. Und zuletzt hätte ich Euch Eures Kindes berauben können und damit Eurer Zukunft. Nur, weil Euch Reichtum und Macht wichtiger waren, als Ehrlichkeit. Weil Ihr Güte nicht erkannt und nicht wertgeschätzt habt. Und doch habe ich Euch geholfen. Lernt daraus. Seid gütig und weise und lehrt das auch Euer Volk. Strebt nicht nach Reichtum um des Reichtums Willen, sondern, um mit Eurem Gold denen zu helfen, denen es schlechter geht. Und bewertet die Leute nach dem, was in ihrem Herzen ist, nicht nach ihrem Gesicht. Das erst macht Herrscher wahrhaft groß.“
Mit einer angedeuteten Verbeugung verschwand der Gnom.
Über Monate hinweg war er stolz auf seine Tat. Doch dann hörte er, wie die Minnesänger durch die Lande zogen und den heroischen Sieg der Königin über Rumpelstilzchen verkündeten. Wie er sich bereichern wollte und vor Zorn, als dies nicht gelang, direkt zur Hölle hinab fuhr.
Er schüttelte den Kopf. Die Menschen würden wohl niemals lernen. Und er hatte keine Kraft mehr, es zu versuchen. Er nahm sein Gold und verließ das Land, auf der Suche nach Leuten wie ihm, und ward nie mehr gesehen.
Und so erfuhr er auch nicht von der Kammerfrau der kleinen Prinzessin. Sie war im Dorf geboren worden und hatte den Gnom bei seiner Suche nach Freunden und Zugehörigkeit gesehen, unfähig, ihm zu helfen. Sie hatte auf der Suche nach Pilzen vom Waldesrand aus gesehen, wie er der Müllerstochter Gold hinterließ. Und als sie dann als Dienerin ins Schloss gerufen wurde, hörte sie viele Gespräche des Königspaares über den seltsamen Gnom. Sie lauschte, als er sich aus dem Schloss verabschiedete. Und sie wurde nicht müde, der Prinzessin wieder und wieder die Geschichte von Rumpelstilzchen zu erzählen, der auszog, um den Menschen zu helfen.
Die kleine Königstochter wuchs so mit den Lehren auf, die Rumpelstilzchen ihren Eltern hinterlassen hatte. Und so schnell das Königspaar auch die Lehren des Gnoms vergaß, so sehr sie ihrer Tochter auch vorlebten, dass niemand sich eines grausamen Königs erwehrte, konnten sie doch nicht die Saat der Güte ausrotten, die im Herz der Prinzessin gesät worden war. Als ihre Eltern starben, lebte sie nach Rumpelstilzchens Vorbild. Mit klugen Gesetzen und sanftem Richtspruch führte sie ihr Volk in ein Zeitalter von Güte und Hilfsbereitschaft, das bis heute andauert. Ohne es zu wissen, hatte der Gnom damit letztlich doch erreicht, was er wollte und seinen Mitbürgern ein besseres Leben ermöglicht.
Dies ist eine Station der Märchensommer Märchenrallye von PoiSonPaiNter, den Anfang dieser Runde findet ihr hier: Hi, hallo, ICH bin ein Startbeitrag 😉
Euer Buchstabe für diese Runde ist:
Und wenn ihr jetzt die Frage richtig beantwortet, findet ihr auch zum nächsten Beitrag – also zum nächsten Buchstaben im Lösungswort:
Wieso musste der Gnom der blinden Frau helfen?
- A: Weil sie den Weg zurück nicht mehr fand
- B: Weil der Weg glitschig war
- C: Weil ein Hindernis im Weg lag
Ein riesiges Dankeschön geht hier an meine Testleserinnen Birke und Elli, ohne die die Geschichte längst nicht so gut wäre, wie sie es jetzt (hoffentlich) ist 🙂
One thought on “[Märchensommer] Die wahre Geschichte von Gnom R.”
[…] Station der Märchensommer Märchenrallye von PoiSonPaiNter, den Anfang dieser Runde (3) findet ihr hier: und hier ist erst einmal den Lösungsbuchstaben E für euch. Scrollt runter, um die nächste Frage […]
Märchensommer - Runde 3 – Janna Ruth