#WritingFriday – Das Märchen vom kleinen Kürbis

Heute gibt es zum Writing Friday von  Read Books and Fall in Love ein kleines Märchen.

Die Regeln im Überblick;

  • Jeden Freitag wird veröffentlicht
  • Wählt aus einem der vorgegeben Schreibthemen
  • Schreibt eine Geschichte / ein Gedicht / ein paar Zeilen – egal Hauptsache ihr übt euer kreatives Schreiben
  • Vergesst nicht den Hashtag #WritingFriday und den Header zu verwenden
  • Schaut unbedingt bei euren Schreibkameraden vorbei und lest euch die Geschichten durch!
  • Habt Spass und versucht voneinander zu lernen

Schreibthemen Oktober

  • Schreibe eine Geschichte, die mit dem Satz „Er sah nach hinten und ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, denn…“ beginnt.
  • Casper der Geist kriegt unerwarteten Besuch, berichte davon.
  • Erzähle ein Märchen über einen Kürbis.
  • Erzähle aus der Sicht eines Vampirs an Halloween
  • Du bist ein Baum, der gerade all seine Blätter verliert, wie fühlst du dich?

 


Es war einmal vor vielen Wintern, da wuchs aus der Erde ein kleiner Kürbis. Er war bei Weitem nicht der Einzige auf dem Feld. Rund um ihn wuchsen viele weitere Kürbisse in vielen bunten Farben. Der kleine Kürbis war orange und stach damit zwischen den grünen, gelben und mehrfarbigen Artgenossen heraus. Doch da sie alle verschieden aussahen, plauderten sie noch angeregt mit einander und waren freundlich zu jedem anderen Kürbis auf dem Feld.

Was sie vor allem mochten, waren Gruselgeschichten. Sie erzählten sich von Geisterkrähen, die des Nachts ankamen. Da man nachts die Vogelscheuche nicht sah, schreckten sie nicht, wie ihre tagaktiven Artgenossen davor zurück, armen kleinen Kürbissen Löcher in die Schale zu picken.

Manchmal aber kamen auch Regenwürmer hinauf an die Oberfläche, wenn es gerade wieder aus dem Himmel tropfte. Kürbissen macht der Regen nichts und so boten sie den Würmern Schutz an, im Austausch für Geschichten.

Einer der Würmer überlegte lange. Sollte er den Kürbissen erzählen, was er mit eigenen Augen gesehen hatte?

Aber der Regen war so schwer, dass er fürchtete, selbst hier an der Oberfläche zu sterben. Also fing er an: „Man erzählt sich in diesen Landen von großen, zweibeinigen Wesen. Wenn junge Kürbisse erwachsen werden, kommen diese Wesen und nehmen die Kürbisse mit. Man sagt, dass sie sie essen. Und noch nie hat ein erwachsener Kürbis es geschafft, zu entkommen.“

„Das ist ja furchtbar“, rief der kleine Kürbis. „Wieso sollte man uns alle essen wollen?“

Der Wurm legte den Kopf schief, denn Schultern zum Zucken hatte er ja nicht. „Um ehrlich zu sein, liegt das wohl einfach in ihret Natur. So wie die Krähen mich und meine Brüder jagen und essen, müssen auch diese Wesen sich ernähren, wenn sie nicht sterben wollen.“

Das gab den Kürbissen zu denken. Verstehen konnten sie es wohl und hatten auch Mitleid mit den armen Wesen, die ihre Nahrung nicht nur aus Erde und Wasser ziehen konnten. Dennoch hoffte jeder von ihnen, dass er die eine Ausnahme sein würde. Der eine Kürbis, der überleben durfte.

Die Wochen vergingen und der kleine Kürbis wurde größer. Viel schneller als alle anderen wuchs er und schon bald schlossen sie ihn aus ihren Gruppen aus. “Du hast kaum Fruchtfleisch”, stellten sie fest. “So groß und doch setzt du keine Muskeln an. Du kannst keiner von uns sein.”

War die erste Zeit seiner Kindheit noch so schön gewesen, war der ehemals kleine Kürbis nun einsam. Wann immer die anderen schliefen, weinte er leise, so weh tat es ihm, dass sie ihn nicht mehr lieb hatten.

Eines Nachts kam eine gute Fee des Weges und hörte den Kürbis herzerweichend schluchzen. Neugierig, aber auch mitleidig kam sie näher.

“Wieso weinst du denn so?”, fragte sie ihn leise, um die anderen Kürbisse nicht zu wecken.

“Die anderen haben mich nicht mehr lieb”, jammerte der Kürbis.

Wie die Fee so näher gekommen war, hatte sie gar nicht gemerkt, dass der Boden vor dem Kürbis ganz nass geworden war von seinen Tränen. Sie war bis zur Hüfte in die Erde gesunken und wie sie auch strampelte, konnte sie sich doch nicht befreien, weil alles zu nass war und unter ihr gleich wieder einsackte.

“Lieber Kürbis, wenn du aufhörst, zu weinen, schenke ich dir drei Wünsche. Dann können wir das sicher wieder in Ordnung bringen. Aber bitte trockne deine Tränen, ja?”

Unsicher stimmte der Kürbis zu. Er sah ja, dass es der Fee nicht gut ging. Ach, wäre er doch schon erwachsen und sein Strunk hölzern und vertrocknet. Dann hätte er sich frei reißen und der Fee gleich helfen können. So aber warteten sie beide, bis die Erde wieder fester wurde und das feingliedrige Wesen sich selbst daraus befreien konnte.

“Danke dir. Und nun, nenn mir deine Wünsche.”

Der Kürbis überlegte lange. “Ich wünsche mir, wieder geliebt zu werden”, fing er an.

Die Fee nickte und schwang den Zauberstab. “Aber Magie wirkt seltsam. Dein Wunsch wird dir erfüllt werden, aber wie und wann vermag selbst ich nicht zu sagen.”

Aber das Wissen, dass er eines Tages wieder akzeptiert werden würde, reichte dem Kürbis schon.

“Ich wünsche mir, dass ich nicht gegessen werde, damit ich mein Erwachsenenleben genießen kann.”

Erneut schwang die Fee den Zauberstab.

Nun wusste der Kürbis keine Wünsche mehr und musste überlegen. Da fiel ihm die Geisterkrähe ein. “Und ich wünsche mir, dass ich keine Schmerzen spüre, wenn jemand mich anpickt oder mich anderweitig verletzt.” Schaden konnte das doch sicher nicht.

Und wieder sauste der Zauberstab durch die Luft und versprühte seine Funken.

“Leb wohl, Kürbis. Ich hoffe, deine Wünsche werden schnell erfüllt.”

“Leb wohl, Fee. Und vielen Dank.”

Nun gingen wieder Wochen ins Land, und die Worte der Anderen taten dem Kürbis nicht mehr weh. Ob das am Zauber lag, oder am Wissen, dass ihm eine bessere Zukunft winkte, wusste er auch nicht. Aber dadurch, dass er nicht mehr zu leiden schien, wurde den anderen Kürbissen bald langweilig. Sie hörten auf, ihn zu triezen und er wurde wieder unter ihnen geduldet.

Dann kam der Herbst und die Kürbisse wurden erwachsen. Einer nach dem Anderen wurde von zweibeinigen Wesen mitgenommen. Die Geschichte stimmte also?

Mit Panik sah der Kürbis, wie ein solches Wesen nun auch auf ihn zukam. Er wurde hochgehoben und fortgebracht. Hatte die Fee doch gelogen?

Aber der Kürbis wurde nicht gegessen. Das Wesen brachte ihn zu vielen kleineren Wesen der gleichen Art, die mit seltsamen Dingen auf ihn losgingen. Sie höhlten ihn aus und machten Löcher in seine Schale. Doch nichts davon tat ihm weh.

Abends stand er dann vor der Tür und spürte eine Wärme von innen heraus. Er schien regelrecht zu leuchten. Und alle, die ihn sahen, hielten inne und bewunderten ihn. Sie liebten ihn!

Nacht für Nacht ging es so weiter, und noch immer liebten alle den Kürbis, doch nach einiger Zeit spürte er nicht mehr die Wärme. Er fühlte sich alt. War die Erwachsenenzeit so kurz, im Vergleich zur Kindheit?

Schließlich nahm man ihn wieder hoch und brachte ihn weg. Nun lag er auf einem Haufen mit vielen anderen Dingen, die er nicht kannte. Nur Regenwürmer, die hatte er schon kennen gelernt.

“Du da”, sprach er einen von ihnen an. “Wo bin ich hier?”

“Du bist auf dem Kompost”, sagte der Wurm.

“Und was ist das hier?”

“Hier kommt altes Essen hin, um langsam zu verwesen und damit die Grundlage für neues Leben zu schaffen. Neue Pflanzen zu nähren.”

Das klang gar nicht schlecht, musste der Kürbis zugeben. Und als eines Tages noch etwas auf ihn geschüttet wurde, und er umkippte, fiel aus einem Loch in seiner Schale ein kleiner Kürbiskern heraus.

“Neues Leben”, flüsterte der Kürbis leise und schaute seinen Kern an. “Ich hoffe, ich kann dir eine gute Grundlage sein, mein Sohn. Mögest du so alt werden wie ich, und so viele Wesen finden, die dich lieben und sich an dir erfreuen.”

Seine letzten Gedanken galten der Fee und er war dankbar. Sie hatte ihr Wort gehalten. Und sicher war er der glücklichste und älteste aller Kürbisse gewesen.

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